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3 Fuzzy-Inferenz

In der Logik wird der Wahrheitswert von Aussagen betrachtet. Beispiele für elementare Aussagen wären z.B. ``die Straße ist naß'' oder ``es regnet''. Wenn Aussagen wahr sind, erhalten sie den Wahrheitswert wahr (=1), und falsch (=0), wenn sie nicht wahr sind. Elementare Aussagen können mittels Operatoren verknüpft werden. Interessant ist nun, welchen Wahrheitswert eine so zusammengesetzte Aussage hat. Übliche Verknüpfungsoperatoren sind z.B. tex2html_wrap_inline2719 , tex2html_wrap_inline2721 , tex2html_wrap_inline2723 , tex2html_wrap_inline2725 . Gegeben seien zwei Aussagen, A und B. A tex2html_wrap_inline2719 B ist wahr, wenn A wahr ist, B wahr ist, oder beide wahr sind, ansonsten falsch. A tex2html_wrap_inline2721 B ist nur dann wahr, wenn sowohl A als auch B wahr sind. tex2html_wrap_inline2731 ist wahr, wenn A falsch ist, und falsch, wenn A wahr ist. A tex2html_wrap_inline2725 B ist wahr, wenn A und B wahr sind, oder wenn A falsch ist.

Wichtig in der Praxis ist die sogenannte Inferenz, wo aufgrund gemachter Beobachtungen und eingespeicherten Wissens Schlüsse gezogen werden. Üblich ist bei der Wissensdarstellung die sogenannte ``regelbasierte'' Wissensverarbeitung.

Eine Art der Wissensrepräsentation und des Schlußverhaltens ist der Modus Ponens aus der klassischen Logik:

Regel: Wenn A wahr ist, dann ist B wahr
Faktum (Beobachtung): A ist wahr
Schluß: B ist wahr

Hier werden zahlreiche Annahmen gemacht:

  1. Es stehen sowohl für die Elementaraussagen als auch für die zusammengesetzten Aussagen nur die Wahrheitswerte ``wahr'' und ``falsch'' zur Verfügung.
  2. Die Elementaraussagen A und B sowie die Regel müssen scharf definierte und deterministische Aussagen sein.
  3. Die Beobachtung (hier also A) und die erste Komponente der Regel müssen genau übereinstimmen
  4. Es werden der All-Quantor ( tex2html_wrap_inline2735 ) und der Existenz-Quantor ( tex2html_wrap_inline2737 ) angewendet.

Keine dieser Annahmen ist sonderlich realitätsbezogen. Wenn die vier Annahmen abgeschwächt werden, kann man zwischen der Fuzzy-Logik im engeren Sinne, dem Approximativem Schließen und dem Plausiblen Schließen unterscheiden.

3.1 Fuzzy-Logik

Hier werden nun die Wahrheitswerte nicht mehr nur auf 1(=wahr) und 0(=falsch) beschränkt, sondern sie werden auf das Intervall [0,1] verallgemeinert. Zur Modellierung von tex2html_wrap_inline2719 , tex2html_wrap_inline2721 und tex2html_wrap_inline2723 werden analog zur Theorie der Fuzzy-Mengen üblicherweise die Funktionen min, max und 1- tex2html_wrap_inline2561 verwendet. Wie schon angesprochen, kann sogar gezeigt werden, daß die Fuzzy-Logik äquivalent zur Theorie der Fuzzy-Mengen ist. Dies wird durch Tabelle 1 motiviert.

Mengenalgebra Aussagenalgebra übliche mathematische
Beschreibung
Mengenvariable Aussagevariable
Durchschnitt tex2html_wrap_inline2621 Konjunktion tex2html_wrap_inline2721 Minimum min
Vereinigung tex2html_wrap_inline2623 Disjunktion tex2html_wrap_inline2719 Maximum max
Komplement ¯¯ Negation tex2html_wrap_inline2723 tex2html_wrap_inline2757
Leere Menge tex2html_wrap_inline2759 Kontradiktion
Grundmenge E Tautologie
Teilmengenrelation tex2html_wrap_inline2763 Implikationsaussage tex2html_wrap_inline2765
Gleichheitsrelation A = B Äquivalenzaussage tex2html_wrap_inline2769
Tabelle 1: Gegenüberstellung von Mengenalgebra und Aussagenalgebra

3.2 Approximatives Schließen

Beim approximativen Schließen (approximate reasoning) können Aussagen nun auch Aussagen unscharfe Komponenten, also linguistische Variable, Fuzzy-Relationen und unscharfe Quantoren, enthalten. Die Schlußfolgerungen werden dementsprechend auch unscharf. Beibehalten wird allerdings die Forderung nach Identität zwischen Komponenten der Regeln und der Beobachtung.

3.3 Plausibles Schließen

Das plausible Schließen (plausible reasoning) ist die am stärksten verallgemeinerte Form des Modus Ponens. Zusätzlich wird nun auf die Identität zwischen Komponenten der Regeln und der Beobachtung verzichtet. Die Identität wird dabei durch Ähnlichkeit ersetzt. Dabei umfaßt der Begriff ``Ähnlichkeit'' den gesamten Bereich zwischen ``Identität'' und ``Gegenteil''.

Der Modus Ponens hat nun also für unscharfe Aussagen A, A', B, B' die Form

Regel: WENN x = A, DANN ist y = B
Faktum (Beobachtung): x = A'
Schluß: y = B'

wobei A und A', als auch B und B' in geeigneter Weise als ``ähnlich'' definiert sein müssen.

3.4 Inferenzverfahren

Im vorherigen Abschnitt wurde die Repräsentation von Wissen (die Regel), und die Inferenz (die Schlußweise) eingeführt. Die Regel ``WENN A, DANN B'' wird nun verkürzt als A tex2html_wrap_inline2795 B geschrieben. Dabei wird `` tex2html_wrap_inline2795 '' als Implikation bezeichnet. Wenn nun mit formalen Methoden Schlüsse gezogen werden sollen, muß ``WENN x, DANN y'' inhaltlich eindeutig festgelegt sein. Auch hier gibt es wieder mehrere Möglichkeiten zur Definition.

Der generelle Vorgang bei der Bildung des Standard-Fuzzy-Inferenzschemas besteht aus vier Schritten, wobei A tex2html_wrap_inline2799 , tex2html_wrap_inline2801 N hier als Eingangsvariablen und B tex2html_wrap_inline2799 als Ausgangsvariablen bezeichnet werden:

  1. Fuzzifizierung: die Mitgliedsfunktionen werden auf die aktuellen Werte der Eingangsvariablen angewendet, um den Wahrheitsgehalt von jedem Faktum zu bestimmen.
  2. Inferenz: der Wahrheitsgehalt für das Faktum von jeder Regel wird berechnet, und auf den Schluß von jeder Regel angewendet. Dies ergibt je eine Fuzzy-Menge pro Ausgangsvariable und Regel. Üblicherweise werden die Funktionen min(·,·) oder prod(·,·) als Inferenzregeln angewendet. Bei der Verwendung der Minimumsfunktion wird die Fuzzy-Menge der Ausgangsvariablen in der Höhe des Wahrheitsgehaltes des Faktums abgeschnitten. Bei der prod-Funktion wird die Mitgliedsfunktion der Ausgangsvariablen mit dem Erfüllungsgrad des Faktums multipliziert (skaliert).
  3. Komposition: alle Ergebnisse der Inferenz pro Ausgangsvariablen werden derart kombiniert, daß sie eine gemeinsame Fuzzy-Menge bilden. Hier werden üblicherweise die Maximumsfunktion verwendet, oder die Summe aller Fuzzy-Mengen pro Ausgangsvariablen wird gebildet.
  4. Defuzzifizierung: in diesem optionalen Schritt (je nach Anwendungsgebiet) werden die Fuzzy-Mengen für jede Ausgangsvariable zu einer (üblicherweise rationalen) Zahl umgewandelt. Hierfür wurden verschiedene Funktionen vorgeschlagen. Üblich sind:

Die Inferenzart, bei der in Schritt 2 die Minumumsfunktion und Schritt 3 die Maximumsfunktion verwendet wird, wird auch als Max-Min-Inferenz bezeichnet. Ein detaillierteres Beispiel zur Inferenz wird im Abschnitt 4.2.2 über Fuzzy-Regelung besprochen.


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Gerhard Müller